Vom 25. bis 27. März fand die diesjährige LA Tour des European Digital Cinema Forums (EDCF) statt. Das Hauptaugenmerk lag erneut auf aktuellen Branchentrends der Kinotechnik, etwa die Entwicklung von Premium-Erlebnissen für Kinobesucher, und deren Auswirkungen auf die Ticketverkäufe. Zwanzig Teilnehmer aus zehn europäischen Ländern nutzten die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen von Hollywood-Studios, berühmten Kinos und aufstrebenden Technologieunternehmen zu werfen.
Kinobesuch: „Content is king“ gilt immer noch, aber technologische Herausforderungen steigen
Die Tour begann mit einem Besuch der Paramount Studios (Bild oben, alle Bilder: © Jürgen Burghardt), einer der Geburtsstätten des digitalen Kinos. Diskutiert wurde die Frage „Was ist wichtig für 2025?“ Zwar gilt „Content is King“ weiterhin als wichtigster Erfolgsfaktor, aber die technologischen Herausforderungen werden größer.
Die technische Infrastruktur der Kinos erfordert Updates von Hard- und Software, darüber hinaus sind neue Technologien im Kommen: Direct-View-Screens, wie etwa LED-Wände, stellen neue Herausforderungen dar. Dies gilt zum Beispiel für die Content-Versionierung, verbunden mit der Frage, wie die künstlerische Absicht in den verschiedenen Ausspielungsszenarien erhalten werden kann. Es besteht ein Bedarf an einer besseren und einfacheren Kalibrierung für Bild- und Tonsysteme wie HDR für alle PLF-Säle (PLF: Premium Large Format, die Red.). Aber bei PLF geht es nicht nur um Bildwand und Ton, sondern auch um Bestuhlung, zusätzliche Services und die Unterscheidbarkeit zum Heimkino.
Historie trifft Moderne: Grauman's Egyptian Theatre
Grauman's Egyptian Theatre ist über 100 Jahre alt. Die beeindruckende Wiedereröffnung des historischen und traditionellen Hollywood-Theaters wird seit 2023, nach 2 ½ Jahren Umbau und Umgestaltung, für Premieren von Netflix-Produktionen genutzt. Die ursprüngliche Größe von 1700 Sitzplätzen wurde auf 500 reduziert. Darüber hinaus wurden zusätzliche Räume für Schauspieler, Regisseure und andere VIPs geschaffen, die an exklusiven Vorführungen teilnehmen.
Obwohl das Egyptian mit der neuesten Laserprojektions- und Tontechnik ausgestattet ist, kann es - ganz im Sinne seiner Geschichte - auch 35-mm-Filme ausspielen und ist sogar in der Lage, historische Nitratfilme zu zeigen, wobei alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen beachtet werden.

Künstlerische Entwicklung mit Sicherheitsnetz
Die SAG-AFTRA Foundation ist eine gemeinnützige Organisation, die umfassende Ressourcen für die berufliche Entwicklung und Bildung bietet und auch Hilfsprogramme für finanzielle und gesundheitliche Notlagen bereitstellt. SAG (Screen Actors Guild) und AFTRA (American Federation of Television and Radio Artists) sehen sich in erster Linie als Sicherheitsnetz für ihre 160.000 Mitglieder.
Seit 2024 verfügt die Organisation über einen Vorführraum, der mit der neuesten Direct View-4k/HDR-Displaytechnologie von LG und einem Tonsystem von Meyer Sound ausgestattet ist. Die Stiftung unterstützt Künstler bei der Entwicklung ihrer künstlerischen Laufbahn, indem sie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen sowie Stipendienprogramme anbietet. Die Stiftung setzt sich für Bildung und Gemeinschaft ein und möchte ein innovatives Umfeld schaffen, in dem Künstler ihre Fähigkeiten entwickeln können und dabei wissen, dass sie in im Notfall Unterstützung erhalten können.
Steigerung des Ticketverkäufe für Kinos
Auch nach mehr als 100 Jahren setzt Sony Pictures noch immer auf die Produktion und Veröffentlichung von Filmen für und in Kinos. Streaming-Dienste gibt es noch nicht. Die technische Entwicklung von Home-Entertainment-Systemen und deren Möglichkeiten stellen die größte Herausforderung als Konkurrent dar.
Obwohl es schwieriger wird, Inhalte für die Kinovorführung zu erstellen und zu entwickeln, bleibt der Fokus auf der Steigerung der Ticketverkäufe. Der weltweite Trend zu regionaleren Programmen unterstreicht die zunehmenden Herausforderungen. Neue Technologien für immersive Erlebnisse in Bild- und Tonsystemen bieten jedoch neue Möglichkeiten und unterstützen die „One Sony“-Unternehmensstrategie, die sich auf Film, Video, Audio und Play Station konzentriert.
Blick in Hollywoods Filmarchiv
Während des Besuchs im Academy Museum und im Pickford Centre for Motion Picture Study konnte die Gruppe nicht nur einige seltene historische Exponate wie eine voll funktionsfähige Original-Kinoorgel besichtigen, sondern erfuhr auch mehr über die wichtigsten Arbeiten, die mit der Restaurierung, der Umstellung auf Digitaltechnik und dem Betrieb des größten Filmarchivs verbunden sind. Die meisten Filme der berühmten Hollywood-Produktionen der Vergangenheit und Gegenwart werden hier in einer sicheren Umgebung und großen Hallen gelagert, um sie für die Zukunft zu bewahren.
Nicht nur die endgültigen Filmfassungen werden archiviert und in digitale Formate konvertiert, sondern auch das dazugehörige, nicht verwendete Rohmaterial. Als Beispiel wurde ein Filmausschnitt von einer Kostümprobe mit Greta Garbo aus dem Jahr 1933 gezeigt.

Symbolträchtige Adresse: 6321 Hollywood Boulevard
Der Besuch des Dolby-Kinos am 6321 Hollywood Boulevard war einer der technischen Höhepunkte der Tour. Als Prototyp-Kino beherbergt es die neueste Technologie für das Dolby-Cinema-System. Es verfügt nicht nur über die Technologien Dolby Vision und Dolby Atmos, sondern setzt auch auf Raumdesign, etwa ohne sichtbare Lautsprecher und mit luxuriöser Bestuhlung, für ein bestmögliches immersives Erlebnis.
Beeindruckende Vorführungen von Dolby-Showreels untermauerten dieses immersive Audioerlebnis. In den Demos wurden zudem Beispiele mit HDR und Wide Colour Gamut gezeigt; dabei kam ein Dual-Laser-Projektionssystem zum Einsatz.
SDR und HDR im Vergleich: Raum für künstlerische Intention und emotionale Inszenierung
Das Deluxe Glen Glenn Theatre mit 120 Plätzen ist als Referenzraum für Regisseure konzipiert und mit modernsten Postproduktionssystemen ausgestattet, etwa für Tonmischungen und Konvertierungen von SDR zu HDR. Die Teilnehmer konnten dabei auch die HDR Barco Light Steering Projektionssysteme erleben und über die aktuelle Technologie sprechen.
Viele Vorführbeispiele unterstützten die lebhafte Diskussion und zeigten Bildvergleiche zwischen SDR und HDR. Nicht nur um die Technik zu demonstrieren, sondern auch um zukünftige Möglichkeiten für die künstlerische Intention und emotionale Inszenierung aufzuzeigen.
KI in der Kinobranche
Der Besuch im deluxe Lab in Burbank bot in ausführlichen Gesprächen mit Vertretern von deluxe einen Einblick in die Zukunft der KI in der Kinobranche. KI ist eine Entwicklung mit maximal disruptivem Potenzial für die Branche. So kann etwa „sora“ von open AI bereits realistische Videos aus Text erstellen. KI-basierte Anwendungen für Synchronisation, Untertitelung, VFX und Soundeffekte sind weltweit im Einsatz. KI-basierte Systeme bieten enorm verbesserte Möglichkeiten für die Aus- und Weiterbildung von Filmemachern.
Projektion und LED Direct Image-Systeme wurden ebenfalls diskutiert. Die installierte 4K-LED-Wand (Cinity) ist 7 Meter breit und unterstützt 300nit-120fps sowie Dolby Atmos. Die Bildqualität wurde anhand von Beispielen aus Filmen wie Dune 2, Sonic the Hedgedog 3 und Autorennszenen demonstriert. Außerdem wurden aktuelle ISCDF-Tests für die Einrichtung von immersiven Audiosystemen demonstriert.
Kreislaufwirtschaft für Xenonlampen
Zwar sind Laserlichtquellen und LED-Wände die Zukunft des Kinos, aber Xenonlampen werden immer noch auf dem Massenmarkt eingesetzt. Ein Besuch in der Fabrik von LTI Lighting Technologies International, einer der größten Produktionsstätten für Xenonlampen, bot einen Einblick in die Produktion. Seit 1999 konzentriert sich LTI auf die Produktion der Xenonlampen für Kinoprojektoren. Besonders beeindruckend war der Rundgang durch die Produktionsanlagen, wo vieles noch in Handarbeit geschieht. Von der Herstellung der Glaskolben über das Anbringen der elektrischen Kontakte bis hin zur Befüllung mit Xenon-Gas: Erfahrene Fachleute sind an jedem Schritt der Produktion beteiligt. Eine wahre Handwerkskunst!
Außerdem ist LTI nach eigenen Angaben der einzige Hersteller von Xenonlampen, der versucht, ein hundertprozentiges Recyclingziel zu erreichen. Alle gebrauchten Xenonlampen werden weltweit gesammelt, ins Werk zurückgebracht, in ihre Bestandteile zerlegt und zur Wiederverwendung in der Produktion neuer Xenon-Lampen zurückgeführt. Selbst Produkte von Mitbewerbern werden nicht aussortiert!
Fazit
Die EDCF LA Tour 2025 war ein voller Erfolg. Es gelang ein intensiver Austausch zwischen europäischen und amerikanischen Kinotechnik-Experten. Durch den direkten Zugang zu führenden Studios und Technologieanbietern eröffneten sich neue Möglichkeiten der internationale Zusammenarbeit im digitalen Kino. Die Tour diente nicht nur dem Networking, sondern auch dem aktiven Wissenstransfer über zukünftige Entwicklungen in der Film- und Kinobranche. Nach drei spannenden Tagen ging es für die Teilnehmer mit vielfältigen Eindrücken wieder nach Hause.
