IBC 2025: EDCF Global Cinema Seminar

Angela Bünger
Wie verändert sich der globale Markt angesichts neuer Konkurrenz durch Streaming-Plattformen und asiatische Produzenten? Welche Rolle spielt KI in der Praxis und wo sind ihre Grenzen? Dies und mehr diskutierten die Fachleute in Amsterdam.

Auch wenn auf der IBC das Thema Broadcast schon dem Namen nach im Mittelpunkt der Diskussion steht, blickt das EDCF Global Cinema Seminar schon seit vielen Jahren auf die technischen Innovationen der Kinobranche, so auch in diesem Jahr.

Das European Digital Cinema Forum (EDCF) gibt es bereits seit 25 Jahren, wie die 1. Vorsitzende Cathy Huis in’t-Veld-Esser in ihrem Willkommensgruß reflektierte. Es verstehe sich als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Akteuren der Branche und habe dabei stets die europäischen Interessen im Blick.

Und eine Brücke zur Verzahnung aktueller Themen aus allen Bereichen schlug auch das Seminarprogramm: Das Themenspektrum reichte von internationalen Markttrends und KI bis hin zu den neuesten Entwicklungen im Bereich Content Delivery und Postproduktions-Workflows.

 

Cathy Huis in't Veld-Esser

 

Kino in einer Zeit des Wandels

Guillaume Branders, der Anfang des Jahres die Position als Executive Director der EDCF übernahm, informierte über den aktuellen Stand der EU-Haushaltsverhandlungen und deren mögliche Auswirkungen auf den Kinobereich. Er gab auch einen Einblick in den niederländischen Markt, wo die Besucherzahlen 2024 insgesamt zurückgingen, die Programmkinos jedoch gegen den Trend wachsen konnten, dank eines vielfältigen Programms und gemeinschaftlicher Initiativen wie der Cineville-Flatrate-Karte.

In der Folge lieferte David Hancock (Omdia) einen Überblick über den globalen Markt und untersuchte die verschiedenen Trends, die sich auf die Kinolandschaft auswirken. Seine Analyse befasste sich mit dem sich wandelnden Distributionsökosystem, da die traditionellen Hollywood-Studios ihre Dominanz nicht nur durch große Medienplattformen wie Amazon und Apple, sondern auch durch Akteure im asiatisch-pazifischen Raum herausgefordert sehen, wo nationale Märkte das Wachstum durch lokal produzierte Inhalte vorantreiben.

Darüber hinaus hob er hervor, dass voraussichtlich weniger Filme die Schwelle von 100 Millionen US-Dollar an den Kinokassen erreichen werden, während gleichzeitig die Zahl der jährlich produzierten und im Kino veröffentlichten Filme weiter steigt. Es seien komplexe Veränderungen in den Geschäftsmodellen und Marktgegebenheiten, die historisch gesehen die Funktionsweise der Branche geprägt haben. Es bleibe abzuwarten, wie sich all dies langfristig auf die Ticketverkäufe und das Kinoerlebnis auswirken wird.

Im Bereich Technologie stellte Hancock Daten zur zunehmenden Verbreitung der Laserprojektion vor, wobei Prognosen eine deutliche Zunahme bis Ende nächsten Jahres erwarten lassen. Premium-Formate erfreuen sich ebenfalls weiterhin großer Beliebtheit und kommerziellen Erfolgs, da immer mehr LED-Direktbildtechnologien auf den Markt kommen, mit derzeit 13 chinesischen Herstellern in diesem Bereich.

 

Kinotechnik: Panels zu Sicherheit und KI

Vom Vortrag zur Diskussion: Steve LLamb (Deluxe) und Guillaume Branders sprachen im Anschluss über die aktuellen Herausforderungen im Bereich der Sicherheit in der Kinotechnologie. Ein komplexes Thema, aus technischer, kommerzieller und rechtlicher Sicht. Die Diskussion hob die Bedeutung der branchenübergreifenden Kommunikation hervor. Es werde in Zukunft unerlässlich sein, alle Beteiligten einzubeziehen, wenn man wirkliche Fortschritte erzielen wolle. Zu diesem Zweck wurde angekündigt, dass die EDCF und ihr US-amerikanisches Pendant, die ISDCF, ihre Kräfte in einer speziellen Arbeitsgruppe zu diesem Thema bündeln werden.

 

Guillaume Branders (links) mit Steve LLamb

 

Das zweite Panel des Tages mit David Hancock und Steve LLamb konzentrierte sich auf KI im Kino und wurde von Patrick von Sychowski, 2. Vorsitzender des EDCF moderiert. Hancock gab einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der KI in der gesamten Wertschöpfungskette des Films. Während sich die Debatte oft auf kreative Anwendungsfälle konzentriert, sie die Realität heute, dass Studios und Produzenten KI hauptsächlich einsetzten, um Arbeitsabläufe zu rationalisieren, die Effizienz zu steigern und Kosten zu senken. KI solle die Fähigkeiten des Menschen ergänzen und nicht ersetzen, da menschliches Urteilsvermögen nach wie vor unverzichtbar sei.

LLamb gab Einblicke in die Handhabung von KI bei Deluxe. Dort werde sie bereits täglich in der Praxis eingesetzt, von Untertiteln über Lokalisierung bis hin zu Datenverarbeitung und Bildverbesserung. Er nannte aber auch praktische Beispiele für die klaren Grenzen bestimmter KI-Tools, die heute ohne menschliche Aufsicht eingesetzt werden. Seine zentrale Botschaft lautete, dass das wahre Potenzial der KI in der „Skalierung, nicht im Ersatz“ liegt: Technologie solle genutzt werden, um kreative Arbeit voranzutreiben, während menschliches Fachwissen zur Aufrechterhaltung von Qualität und Nuancen benötigt werde.

 

Kurzpräsentationen

Das EDCF-Seminar auf der IBC bot auch verschiedene Kurzpräsentationen zu aktuellen Entwicklungen in der Branche.

So präsentierte Araceli Vaello (CinemaNext) zunächst Daten zur Energieüberwachung und Automatisierung in modernen Kinos und zeigte, wie umfassende kinospezifische Systeme eine Reduzierung des Energieverbrauchs um bis zu 36,2 Prozent erzielen können.

Auf der Postproduktionsseite der Branche sprach Stuart Bowling (Barco) über Workflows zur Erstellung von HDR-Inhalten, während Cedric Lejeune (Unified Pixels) sich mit den Herausforderungen beim Mastering und der Bildqualität mit neuen Kinodisplay-Technologien befasste und feststellte, dass SDR-Workflows zwar mittlerweile etabliert sind, HDR aufgrund unterschiedlicher Technologien jedoch noch Probleme aufwirft, die es zu lösen gilt.

Chris Connett (Christie Digital) beleuchtete das Thema der VDR-Technologie (Variable Dynamic Range) aus der Perspektive der Bildqualität und Energieeffizienz, woraufhin Birgit Heidsiek (Green Film Shooting) eine Präsentation über nachhaltige Lösungen für Filmproduktionen hielt. Ihr Projekt wurde auch für einen IBC Sustainability Award nominiert. Radoslav Markov (Bulgarische Akademie der Wissenschaften) schloss den Tag mit einer Untersuchung der Anwendungen der Quantentechnologie in Kino-Workflows ab.

 

Schlussbemerkung und Ausblick

Das EDCF Global Cinema Seminar auf der IBC bot einen umfassenden Einblick in die aktuellen Herausforderungen und Chancen der Kinobranche. Von den sich wandelnden globalen Marktstrukturen über die praktischen Einsatzmöglichkeiten von KI bis hin zu Fragen der Sicherheit und Nachhaltigkeit: Die Veranstaltung machte deutlich, dass die Branche vor komplexen Veränderungen steht. Dabei bleiben die branchenübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit entscheidend, um die technologischen Innovationen erfolgreich zu implementieren und voranzutreiben.

Und zur Kommunikation und Zusammenarbeit lädt das EDCF ein: Zur langjährigen Tradition des Forums gehört die Jahreskonferenz an wechselnden europäischen Standorten. Nächstes Jahr macht die EDCF Annual Conference Station in Warschau. Am 10. und 11. März 2026 werden Mitglieder und Freunde des EDCF in Polens Hauptstadt zusammenkommen, um gemeinsam die neuesten Entwicklungen der Kinobranche zu diskutieren.

 


Aufmacher: Patrick von Sychowski mit Steve LLamb and David Hancock (v.l.n.r.)

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